Praktikum in Norditalien



BBS Cadenberge: Zum Praktikum nach Norditalien

NEZ vom 09.12.2019

von Wiebke Kramp


KREIS CUXHAVEN. Von wegen alle Wege führen nach Rom. Für die Berufsbildenden Schulen Cadenberge (BBS) gibt es zumindest einen anderen Abzweiger - und der führt nach Gorizia im Nordosten Italiens. Dort, direkt an der Grenze zu Slowenien, kooperiert di

Die ersten Lehrlinge und Schüler sind von ihren Berufspraktika in italienischen Betrieben zurück - und begeistert von dieser Erfahrung. So jedenfalls die Rückmeldungen von Daniel Beckmann (22), der bei N-Ports in Cuxhaven Metallbauer lernt, Paul Dreßler (22), Auszubildender als Land- und Baumaschinentechniker bei Appiarius in Wanhöden, Jule Dierksen (20), Lehrling zur Sport- und Fitnesskauffrau in Dorum bei Lifestyle 3000 oder Jennifer Jaqueline Unger (18), die in Cadenberge eine schulische Ausbildung zur Pflegeassistentin durchläuft. Insgesamt waren es neun Berufsschüler, darunter auch zwei Lehrlinge aus landwirtschaftlichen Betrieben, die diese Chance nutzten, um die Berufswelt in einem europäischen Nachbarland kennenzulernen.



Seminar im Goethe-Institut

Angebahnt hatte sich die Schulfreundschaft bei einem Seminar des Goethe-Institutes in Rom. Dort lernte BBS-Lehrer Hauke Imken seine italienische Kollegin Barbara Marassi von der Berufsschule in Gorizia kennen - aufgrund ihrer Schulprofile gingen sie davon aus, dass es gut passen könnte. Das war vor zwei Jahren. Unterdessen brachte Hauke Imken gemeinsam mit Kollege Volker Hüttermann das Projekt weiter voran, verbunden war es beispielsweise mit einem umfangreichen Antragswesen. Und dann mussten sie es gemeinsam mit der Partnerschule schaffen, in passenden Betrieben Praktikumsstellen zu finden und dabei anfänglich herrschende Skepsis überwinden.

Dass es sich gelohnt und den Zweck des sich gegenseitigen besseren Verstehens erfüllt hat, bemerkten beide Lehrkräfte bereits während des Italien-Aufenthaltes.

Statt an Landmaschinen schraubte Paul in Italien an Autos. "Es heißt ja immer, dass die Italiener gemächlicher arbeiten, aber das stimmt nicht. Mein Kollege Rafael jedenfalls war total auf Zack und hat mir auch Tricks beigebracht, zum Beispiel wie ich Reifen rückenschonender heben kann", erinnert er sich strahlend und ergänzt: "Nach zwei Wochen fühlte man sich wie Familie." Jule nickt eifrig: "Ich habe mich mit meiner Chefin super verstanden. Gefühlt kam die ganze Kleinstadt in das Fitnessstudio. Überall habe ich Leute wieder getroffen, die bei uns trainiert haben - vom Polizisten bis zum Schaffner." Und was war anders, als im heimischen Studio? "Bei uns in Dorum wird mehr Wert auf Gesundheitstraining gelegt und die Buchhaltung dort hat Platz in einem Schuhkarton. Paul und Jule sind so begeistert, dass sie sich durchaus vorstellen können, nach der Lehre nach Italien zu gehen.

Überhaupt ist die sich anbahnende deutsch-ialienische Freundschaft keine Einbahnstraße: "Wir machen unser Duales Ausbildungssystem dort bekannt und von den Italienern lernen wir, wie Inklusion besser gestaltet werden kann", erläutert BBS-Leiter Ansgar Cudok.

Bei dem ersten Praktikantenbesuch wurde jetzt in Gorizia ein "Letter of Intent" (Absichtserklärung" zwischen den beiden Schulen) vereinbart. So soll die europäische Partnerschaft planmäßig von beiden Seiten intensiviert werden. 2020 machen sich wieder vier Gruppen mit Lehrlingen und Berufsfachschülern von Cadenberge aus auf die Reise nach Italien. 50 Mobilitäten sind den Cadenbergern insgesamt im Rahmen des Erasmus-plus-Porgramms genehmigt worden. Und so geht das Projekt weiter und der Weg von Cadenberge nach Gorizia.






Gegenbesuch erhält Einblick in hiesige Unternehmen

NEZ vom 09.12.2019


Fünf Berufsschüler aus Italien lernen gegenwärtig das hiesige duale Ausbildungssystem durch Praktika kennen

CADENBERGE. Nachdem die Praktikanten aus Italien zurück sind, sind die BBS Cadenberge gegenwärtig Gastgeber für vier Berufsschülerinnen und einen -schüler aus Italien. Mit Barbara, Marassi, Deutsch- und Stützlehrerin –haben sie sich aus Gorizia auf den Weg gemacht. In der Region lernen sie kennen, wie sich berufliche Ausbildung in Deutschland gestaltet. In ihrer Heimat sieht Berufsausbildung anders aus, an den beruflichen Schulen werden viele theoretische Inhalte zu den Berufsfeldern vermittelt –der praktische Anteil spielt eine eher untergeordnete Rolle. Auch bei den Praktika, die die Schülerinnen und Schüler dort durchlaufen, sind sie eher aufgefordert, die Fachkräfte zu begleiten und ihnen bei der Arbeit zuzuschauen.

Die italienischen Gäste sind privat bei BBS-Lehrern untergebracht –und sie erhalten hier in den nächsten Tagen einen Einblick in die Duale Berufsausbildung. Verschiedene Unternehmen haben sich zur Kooperation bereit erklärt. Drei der jungen Frauen sind zurzeit im Haus der Pflege in Hemmoor im Kurzpraktikum tätig, eine lernt den Tankstellenbereich kennen und der einzige junge Mann ist bei Raiffeisen in Otterndorf untergebracht. Darüber hinaus lernen sie aber auch den schulischen Part in Cadenberge kennen. (wip)

Daniel Beckmann (links) mit seinem italienischen Chef. Der Azubi bei N-Ports war in Italien auch in einem Metallbaubetrieb tätig - allerdings hatte er es dort mit filigran geschmiedeten Zäunen und Geländern zu tun anstatt einer Klappbrücke. Fotos: red.

Als Personaltrainerin arbeitete Jule Dierksen (links) im Studio und kannte bald die halbe Kleinstadt vom Polizisten bis zum Schaffner.

Paul Dreßler war in einer Autowerkstatt beschäftigt und überlegt, nach seiner Ausbildung nach Italien zu gehen. So gut hat es ihm dort gefallen